Annual Report 1999

LETTER OF CONGRATULATION OF THE EUROPEAN PATENT ATTORNY

Der bevorstehende 5. Jahrestag der Eroffnung des Eurasischen Patentamts am l. Januar 1996 gibt Anlass, der Jubilarin, also den Mitgliedern des Verwaltungsrates sowie der Leitung und den Mitarbeitern des Eurasischen Patentamtes zu gratulieren und den Erfolg zu preisen. Allein schon die Grundung der Eurasischen Patent Organisation und die tatsachliche Eroffnung des Eurasischen Patentamts grenzten an ein Wunder. War doch Voraussetzung fur die erfolgreiche Eroffnung, dass die gerade erst unabhangig gewordenen Vertragsstaaten gleich wieder ein Stuck ihrer soeben gewonnen Souveranitat abgeben mussten.

Nach funf Jahren Tatigkeit uberwiegt naturlich die Freude daruber, dass sich inzwischen das zunachst recht schwache Pflanzchen gut entwickelt und seine Lebensfahigkeit unter Beweis gestellt hat. Zuruckzufuhren ist dies auf den unermudlichen Einsatz aller Beteiligten, bestatigt aber auch, dass der Bedarf an einem uberstaatlichen Patentamt in dieser Region richtig eingeschatzt wurde. Auch hierzu einen herzlichen Gluckwunsch!

Blickt man in die Zukunft, dann gilt es, sich auf einen Grundgedanken zu besinnen, der den technischen Schutzrechten zugrunde liegt: Der technische Fortschritt soll unmittelbar und unverzuglich der Allgemeinheit zur Verfugung stehen. Ausnahme von dieser Regel: wer die Technik in zeitraffendem Ma?e bereichert, soll durch ein zeitweiliges Monopol belohnt werden.

Hieraus ergibt sich zwingend das Postulat nach einem erfinderischen Schritt als Patentierungsvoraussetzung. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das deutsche Patentgesetz bis zum Jahre 1978 das Wort "Erfindung" nicht kannte, gleichwohl aber die Rechtsprechung schon sehr fruh die erfinderische Tatigkeit als Voraussetzung gefordert hat.

Der genannte Grundsatz bestimmt aber nicht nur die Patentierungsvoraussetzungen, sondern definiert auch die Aufgaben, die einem Patentamt zufallen: Es hat abzuwagen zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen der Anmelder.

Die Allgemeinheit ist daran interessiert ist, technische Arbeitsergebnisse moglichst bald ubernehmen zu konnen. Die Anmelder hingegen mochten ihre Arbeitsergebnisse moglichst umfassend und moglichst lange vor Ubernahme durch andere schutzen. Dem Patentamt kommen damit richterliche Funktionen zu, eine Aufgabe, die umso schwerer zu erfullen ist, als die Allgemeinheit am Erteilungsverfahren nicht beteiligt ist, ja oft noch garnicht wei?, was auf sie zukommt. Das Patentamt hat daher nicht nur die Interessen der Allgemeinheit zu berucksichtigen, sondern sie in ausreichendem Ma?e auch zu vertreten. Als ich Ende der 60-er Jahre mit meiner Ausbildung begann, gewann ich bald den Eindruck, dass,sich das Deutsche Patentamt eher als Patentverhinderungs- denn als Patenter-teilungsbehorde verstand. Ahnliche Erfahrungen konnte man auch bei anderen Patentamtern machen, zum Beispiel beim fruheren sowjetischen. Mir scheint, dass dies aus der Doppelrolle zu erklaren ist, einerseits unparteiischer Richter und andererseits Vertreter der Interessen einer Seite sein zu mussen,

Inzwischen hat sich das Selbstverstandnis der Patentamter hier wie dort grundlegend gewandelt, was wohl auch auf den Einfluss des Europaischen Patentamts zuruckzufuhren ist- Man begreift sich heute nicht mehr als Obrigkeit (Ausnahmen bestatigen die Regel), sondern als Dienstleistungsunternehmen, das fur seine Kunden da ist. Dies betrifft nicht nur die Tatsache, dass es in aller Regel leichter geworden ist, ein Patent zu erhalten. So sind, um nur ein Beispiel zu erwahnen, das Deutsche und das Europaische Patentamt von sich aus kreativ tatig geworden, als es darum ging, Software zu schutzen, indem man das Gesetz nicht restriktiv auslegte, sondern die Moglichkeiten, die es bot, ausschopfte.

Aus dem eingangs zitierten Grundsatz ergibt sich unmittelbar ein zweiter Aspekt der Tatigkeit eines Patentamts: die der Information der Offentlichkeit. Dies betrifft einerseits die Publikationen, insbesondere das jeweilige amtliche Bulletin, andererseits aber auch den Inhalt der Akten nach der Offenle-gung. Uberflussig zu sagen, dass diese Information der Offentlichkeit mit der neuesten technischen Entwicklung Schritt halten muss, und dass die Informationsmoglichkeiten zu gunstigen Konditionen zur Verfugung stehen mussen.

Die Erfahrungen, die mit dem Eurasischen Patentubereinkommen und dem Eurasischen Patentamt gemacht werden konnten zeigen, dass wir es nicht nur mit einem modernen Ubereinkommen, sondern auch mit einer modernen, Behorde zu tun haben, die ihren Anforderungen gerecht wird. Naturlich hat es anfangs Kinderkrankheiten und Unklarheiten gegeben. Es war aber beeindrukkend zu sehen, wie schnell und anmelderfreundlich sie behoben wurden. Mit den geanderten Patentrichtlinien, der geanderten Gebuhrenordnung, die l. Marz 1998 in Kraft getreten sind und den am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Anmelde- und Prufungsrichtlinien hat die Eurasieche Patentorganisation schnell und unburokratisch Unstimmigkeiten und Unklarheiten der ersten Fassungen beseitigt und gezeigt, dass sie sehr schnell auf Hinwei?e der Anmelderschaft reagieren kann. Auch im Prufungsverfahren wurden unnotige Hindernisse aus dem Weg geraumt. Nur beispielhaft sei hingewiegen auf die Aufgabe der Forderung nach Angaben zur Toxizitat biologisch aktiver Verbindungen oder die Zulassung von Verwendungsanspruchen fur die erste Indikation chemischer Substanzen. Naturlich bleiben immer Wunsche offen. Zum Beispiel ware im Interesse der Okonomie des Verfahrens wunschenswert, Beanstandungen der Einheitlichkeit bei der Vorprufung auf eklatant offensichtliche Falle zu beschranken und in der Regel der materiellen Prufungs zu uberlassen.

Fur ihre weitere Tatigkeit ist der jungen Jubilarin zu wunschen, dass sie im Bewusstsein ihrer hohen Verantwortung gegenuber der Allgemeinheit in den Mitgliedsstaaten dort zum Aufbau einer Rechtskultur beitragt. In ihrer richterlichen Punktion soll sie unparteiisch abwagen zwischen den Interessen der Allgemeinheit auf unbehinderte Nutzung des technischen Fortschritts und den Interessen, ihrer Kunden, schnell und unburokratisch einen Schutz fur ihre Forschungsergebnisse zu erhalten. Eine Fortsetzung ihrer aktiven Informationsbereitschaft ware wunschenswert fur alle Beteiligten. Schlie?lich sei ihr eine Anmelderschaft gewunscht, die ihre Tatigkeit kritisch begleitet. Wenn diese Faktoren zusammenkommen, ist der Erfolg in Form steigender Anmeldungszahlen und vielleicht auch einer Ausdehnung auf weitere Mitgliedsstatten vorprogrammiert.

Dieter Ebbinghaus